Dienstag, 24. Dezember 2013

Freedom

Ich bin jetzt seit zwei einhalb Wochen in A.D. und hadere noch immer damit, was ich schreiben soll. Ich habe Leute getroffen, die seit Jahren immer wieder kommen und die hier eine Paradies für sich gefunden haben. Und wenn ich höre, wie es früher war, muss A.D. ein magischer Ort gewesen sein. Es ist, wie ganz Südafrika, ein Ort voller Gegensätze, eine Welt mit zwei Gesichtern. Die eine Seite, sind zum Beispiel die anderen Volunteere. Wir sind etwa 30 Leute und obwohl ein ständiges Kommen und Gehen herscht, bilden wir eine tolle Gemeinschaft mit wundervollen, beeindruckenden Menschen. Und auch das Betüddeln der Servale und Äffchen macht mir große Freude.
Die andere Seite sind all die prägenden, schrecklichen Momente. Beispielsweise das Füttern toter Küken an die Minifalken in dem Wissen wie diese umgebracht wurden oder das Vorbereiten des Hackfleischs für die fleischfressenden Vögel. Und immer wenn du denkst, du hast dich an Blut und Tod und den Geruch von Verwesung gewöhnt, passiert etwas schlimmeres. Dann gehst du zu deiner Hütte und kommst an einem Truck vorbei, auf dem zwei winzige, entzückende Kälbchen auf einem Berg toter Hühner stehen und du weißt, wenn du deine Hütte erreicht hast, sind sie schon tot; oder P. bringt einen großen Sack toter Küken in den Vorratsraum und plötzlich piepst es in dem Sack und eine "Managerin" erzählt dir ganz leicht neben her, dass es jedes Mal vor kommt, dass sie nicht alle Küken vernünftig umgebracht bekommen, während sie zwischen den reglosen Leibern nach den Überlebenden stöbert. Dieser Ort frisst sich durch meinen Schutzwall wie Säure und Mike, ein wundervoller Mensch, den ich hier kennen lernen durfte, ist wohl der Grund, dass er noch steht.

Ich sitze vor der Main Aviary und beobachte die Vögel durch den Maschendrahtzaun. Seit einer Stunde warten wir auf Anweisung von P. Dieser rennt immernoch mit 5 anderen Männern durch den Käfig, in fieberhafter Suche, die Augen auf den Boden geheftet. Sein Luftgewehr ist geladen, die Anderen tragen Stöcke und Baseballschläger, mit denen sie in die Büsche schlagen. Noch haben sie die Ratte nicht gefunden. Auf einmal taucht ein starkes Bild in meinem Kopf auf, es ist ein Loch unter einem Busch in dem sich ein entsetztes kleines Lebewesen versteckt. Wenige Sekunden später brüllt einer der Männer "there is a hole", während er halb in einem der größeren Büsche verschwindet. Sofort werden Gießkannen herangeholt und das loch wird geflutet. Ich sehe einen Schwall Wasser auf mich zukommen, fühle Panik und Atemnot. Voll todesangst versucht die Ratte aus ihrem Loch und unter den nächsten Busch zu gelangen und rennt dort vor den Lauf von P.s Flinte. Dieser schießt, schafft es jedoch nur sie zu verletzen und als sie auf die  andere Seite des Bushes flieht, packt einer der anderen sie am Schwanz, wirft sie in die Luft und schlägt sie mit dem Baseballschläger einige Meter weit durch die Voliere.

Es ist für mich so schwer begreiflich, wie man das Leben eines Tieres auf diese Weise über das eines Anderen stellen kann. Die meisten von uns sind in dem Glauben und der Hoffnung gekommen, Tiere zu retten. Aber in dem Moment in dem klar wird, welcher Preis dafür gezahlt wird und dass es noch nichteinmal um Auswilderung geht, sondern darum, eine Art "Zoo"  für die Volunteere aufzubauen, wird einem ganz schlecht. Denn wir sind das Geschäft dieses Ortes, an uns verdienen sie das Geld. Deswegen sind die Tiere hier, um zu bleiben.

Ich spreche am nächsten Tag mit P. darüber und es ist sehr interessant. Er sagt, wannn immer du dich für etwas entscheidest, entscheidest du dich gegen etwas anderes und jeder würde beschützen, was er liebt, also schütze er seine Vögel. Das ist eine Erfahrung, die ich ebenfalls gemacht habe, aber ist der Preis für ein Leben immer ein Anderes? Er meint: in dem Moment in dem man ein Tier aufzieht, es an einen gewöhnt und füttert, geht man eine lebenslange Verbindung ein. Eine sehr verantwortungsbewusste Auffasung, wie ich finde. Doch wenn man sich klar macht, dass über 300 Tiere in Afrikan Dawn leben, liegt das Problem auf der Hand. P. sagt, er kann die Welt nicht retten, er kann nur versuchen, den kranken und verletzten Tieren eine zweite Chance zu geben. Und darin ist er ausgesprochen gut. Hier leben einige Vogelarten, die vor P. keiner zum Brüten in gefangenschaft gebracht hat.
Ich bin mir nicht sicher, ob für mich ein Leben in Gefangenschaft tatsächlich eine zweite Chance bedeutet. Vielleicht sind es nur wir Menschen, die den Käfig dem Tod vorziehen würden. Vielleicht ist der Tod für Tiere, in ihrem Bewusstsein um ihre Sterblichkeit und ewige Seele, einfach nur ein neuer Anfang.
Was ich gelernt habe ist, dass jeder, wann immer er etwas retten oder schützen will, einen Preis dafür zahlen muss. Die Konstellationen, in denen Tiere in meinen Augen wirklich geschützt werden, kosten die Verantwortlichen ausgesprochen viel Geld, Zeit und manchmal ganze Aspekte ihres Lebens. P. bezahlt den Preis hier nicht, wir Volunteere zahlen mit Geld, Zeit, Liebe und unserer Illusion von einer grundlegend positiven oder liebevollen Welt. Und das führt, in meinen Augen, immer zu einer Schieflage. Auf diese Weise kommt immer jemand zu schaden. Wäre dieser Ort kleiner, hätte P. die Möglichkeit, alle Gehege rattensicher zu machen und kein Tier müsste sterben. Ich weiß für mich, dass ich nicht das Wesen bin, dass über den Wert eines Lebens zu entscheiden oder gar zu urteilen vermag. Ich glaube, dass eines der grundlegenden Probleme unserer Rasse ist, dass wir verlernt haben, auf eine liebevolle, umsorgende Natur zu vertrauen. Hätten wir noch das Urvertrauen und das tiefe Verständnis der Aborigines, wäre dies eine komplett andere Welt.

Ich stehe am Strand von Jeffreys Bay und beobachte den Sonnenaufgang über dem Ozean. Die Wellen sind perfekt, das Wasser ist schon warm und die ersten goldenen Strahlen liebkosen das Meer. Lewis steht neben mir. Ich schlüpfe aus meinem Kleid und gemeinsam rennen wir in die Fluten.

Samstag, 23. November 2013

Scence

Bevor ich hierherkam sagte man mir, ich solle den Bush mit allen Sinnen wahrnehmen. Ich habe die schwere, süßlich scharfe Gewitterluft gerochen, so intensiv, dass ich sie schmecken konnte, ebenso wie die trockene Leichtigkeit des Tages. Ich haben dem Gesang des Bushes bei Nacht und bei Tag bei Trockenheit und Regen gelauscht. Ich habe das satte Rot des Sandes und das strahlende Grün des frischen Laubes gesehen, ebenso wie den schwerblauen Himmel, das Lichtspiel auf dem Wasser und das Schwarz, der von der Sonne verbrannten Stämme. Ich habe salzige Hitze geshmeckt und die Süße des Baumharzes. Ich spürte die Sanftheit der Erde ebenso wie die Schärfe der Dornen, die aus ihr erwachsen.

Ich bin so wahnsinnig glücklich, es ist einfach alles perfekt! Ich weiß nicht, wieso das Leben mich so zu lieben scheint, aber es ist einfach großartig zu mir. Ich erlebe all diese wundervollen Dinge und jeder Knacks wird ein wichtiger Stein im Mosaik dieses Paradieses.

Trust

Es ist ein verrücktes Gefühl, aber ich habe mir innerhalb von 1 1/2 Monaten ein komplett neues, weiteres Leben aufgebaut. Ich habe Freunde hier, Menschen, die wie Familie sind, Perspektiven und Zukunftsvisionen. Ich stehe also da, mit zwei Leben und fühle mich hilflos. Denn ich liebe beide Leben und ich weiß nicht, wie ich mich entscheiden soll. Und am Ende wird es immer schmerzhaft, denn ich muss eines verlieren. Du kannst nicht zwei Leben leben, wie Gert sagte, sonst zerfließt du in Tränen. Ich habe Zeit bis Sylvester, um zu entsheiden, welches ich will. Und es wir schwer, denn mein Leben in Deutschland ist wunderoll und doch kann ich mir kaum vorstellen, zurückzukehren, die alten Straßen zu gehen, meine üblichen Tätigkeiten aufzunehmen, das ist in meinem Kopf nicht möglich.
Und ich habe Angst, in Deutschland aus dem Flieger zu steigen und das einzige, was ich mir wünsche, ist nach Afrika zurückzukehren. Was tue ich dann, wie reagiere ich, welches Leben?

Was mir hilft ist, dass ich lerne zu vertrauen. Ich spüre die Macht und die Liebe der Natur und des Universums und ich merke jeden Tag, dass sich alles zum Guten wendet, dass alles die richigen Wege geht. Wie Phil zu mir sagte:" Alles ist perfekt, es ist unsere Unfähigkeit, es so zu sehen." Und ich bin sicher, er hat recht. Ich weiß dass, wenn ich es zulasse, die Natur mir helfen wird. Ich glaube, dasist eine meiner wichtigsten Lektionen.

Was ich hier draußen auch lerne, sind meine Prioritäten, was ich wirklich brauche und wünsche. Ich hätte nie gedacht, dass meine Naturverbundenheit mir so wichtig ist. Aber so ist es. Ich möchte über die Systeme hier lernen, ich möchte wissen, in welcher ursprünglichen Welt ich lebe. Und ich möchte die Fähigkeiten weiterentwickeln, die daraus entstehen.
Die Natur hier bringt mich zur Ruhe und ich fange an, Tiefe, Erdung und meine Wurzeln zu spüren und das bedeutet mir unglaublich viel. Ich möchte versuchen, dass zu bewahren, egal wo ich bin.

Ich liege auf dem Dach unseres Schuppens, Phil neben mir. Wir blicken in den Himmel, es ist total klar und dennoch sieht man kaum Sterne, der Vollmond ist zu schön und zu hell. Nur Venus strahlt durch die Nacht, in ihrer Majestät ungebrochen. Die Luft ist warm und erfrischend von der Hitze des Tages. Die Savanne singt ihr Lied, laut und wunderschön und wenn man sehr vorsichtig lauscht, kann man das trommelnde Lied Afrikas hören, welches im gesamten Kontinent klingt. Ich liebe dieses Lied und ich liebe dieses Land.

Mit jedem Tag fühle ich, wie Zuhause ich hier bin. Ich habe mich nirgends so beheimatet gefühlt.

Ich sitze im Buffalo-Hide auf meinem Plastikstuhl. Es ist ein Holzausguck mit Reetdach, etwa 3-4m hoch. Hinter mir steht ein großer Baum, er scheint halb tot, doch ein Teil von ihm trägt schönes Laub. Vor mir, umgeben von einer recht offenen Fläche, ist das Wasserloch, an dem vor einer halben Stunde noch Impalas tranken. Sie haben längst Schutz gesucht. Über mir und um mich tost ein gewaltiger Sturm. Der ganze Hide schwankt unter der Wucht des Windes und der Donner hat eine fast unnatürliche Lautstärke. Vor mir sehe ich einen Blitz aus dem Boden wachsen. Er trifft auf sein Gegenstück aus den Wolken, sie vereinen sich in einer knisternd donnernden Explosion.

Wenn ich die Gewalten der Natur auf diese Weise spüre, merke ich, wie klein und unbedeutend ich bin und wie zart mein Leben ist. Das ist ein wunderbares Gefühl. Für einen Moment vergesse ich die Probleme dieser Welt.

Freitag, 8. November 2013

Nam Myoho Renge Kyo

Ich habe herusgefunden, dass die Körperspannung, die ich oft vermisse und die Verbindung zur Natur, die jch hier dauerhaft zu stärken versuche, maßgeblich von meiner Kopfhaltung abhängt. Halte ich mein Kinn ein wenig stolz erhoben, ist die Körperspannung und die Naturverbundenheit sofort zu spüren, eine Entdeckung, die ich genüsslich erprobe. Auch ist mir aufgefallen, dass meine Zehen gar nicht so seltsam geformt sind, sondern schlicht in einer gekrümmten Haltung verharren, wie Krallen. Mir gefällt dieser vergleich. Wenn ich sie strecke, sehen sie normal aus, fast hübsch.

Ich sitze mit meinerm neu errungenen Selbstgefühl im Jeep. Der Wind pfeift in meinen Ohren und die Hitze des Nachmittags beginnt sich in die gnädige Frische des Abends zu wandeln. Ich spüre dieses neue, erotische Gefühl, meinen Stolz, meine Kraft und meine Präsenz und chante dafür, einen Geparden zu sehen.
Fünf Minuten später steht er vor uns; groß, hübsch, ich liebe den Kontrast der dunklen Flecken im hellen Fell, dass den schlanken athletischen Körper umhüllt. Er verbirgt sich halb hinter einem Baum und verschwindet im Dickicht des Buschs. Aber er läuft nicht weit, ich kann ihn spüren, seinen ruhigen, weisen Blick der uns gefangen hält, ohne dass wir ihn erwiedern könnten.

Und so ist wieder ein Tag perfekt. Ich lebe jetzt seit über einem Jahr mit den buddhistischen Lehren Nichirens und dem Gohonzon und hier in Südafrika chante ich jeden Tag, manchmal Stunden, ganz nebenbei in meinem Kopf oder bewusst mit meinem kleinen Omamori (Reise oder Schutzgohonzon) und es war der schönste Monat meines Lebens. Ein perfekter Tag folgt auf den anderen, ich bin zum bersten gefüllt mit Liebe und Freude und positive Energie und hier im Busch kann ich intensiv erleben, was Marlo Morgan in "Traumfänger" über die Fürsorge der Natur beschreibt. Die Aborigines beten jeden Morgen mit Tänzen und Gesang für die Wunder und Erfahrungen des Tages und ich folge ihrem Beispiel.
Das Chanten, die Natur um mich herum, die viele Zeit, meine Gedanken schweifen zu lassen, das ist perfekt. Ich lecke meine Wunden, heile sie, lasse alte Gefühle hinter mir und habe mich noch nie so gesund und stark und natürlich gefühlt wie hier. Mich jagd ein krativer Schub nach dem anderen und die Dinge die ich anfange, fallen mir leicht und werden gut. Ich vertraue meinem Körper und bin voll Freude über die für mich großartigen Leistungen, zu denen er jetzt mühelos fähig ist. Ich achte nach wie vor nicht darauf mich anzupassen und ich stelle fest, dass es mich nicht mehr traurig macht, anders zu sein und in einigen Punkten, einfach nicht dazuzugehören. Es ist gut, denn ich bin ich.

Auch meine Wut lässt mich nicht im stich und sie hilft mir sehr, alte und neue Gefühle zu verarbeiten. Ich glaube, jeder Mensch drückt seine Agression aus, selbst die, die der Meinung sind, sie hätten gar keine. Sie zeigt sich oft unbemerkt ihres Uhrhebers, anderen als irritierende oder lästige Eigenschaft und ist durch den Versuch sie zu leugnen odet abzuspalten umso gefährlicher. Ich habe die Erfahung gemacht, dass Wut sich verhält, wie ein verstoßenes Kind, wenn man versucht, sie von sich abzuspalten. Sie fängt an zu wachsen, lauter nd heftiger zu werden, grässliche Bilder der Angst zu malen ud weckt die inneren Dämonen, bis sie so beängstigend ist, dass man glauben kann, die ganze Welt möchte nichts als einen brutal zerstören und gleichzeitig gewiss ist, ein Monster, dass zu genau Diesem fähig ist, in sich zu tragen.
Als meine Wut und ich diesen Punkt erreicht hatten, brachten mich wundervolle Menschen dazu, sie wieder aufzunehmen und als Teil von mir zu akzeptieren. Mein Wutmonster schrumpfte zu einer Flauschekugel zusammen und verkrümelte sich schnurrend und zusammenrollend an einen sicheren Platz meines Herzens.

In diesem Sinne,
Nam Myoho Renge Kyo, liebe Welt,
Pass auf dich auf, morgen früh fahren wir um 5:00 zum  Gemsbock- fangen.
Liebe, Rania

Donnerstag, 31. Oktober 2013

CT BestOff!

Ich habe in Cape Town so viele wunerbare Dinge erlebt undich möchte sie euch nicht alle vorenthalten. Hier also meine Cape Town Highlights:

Die Natur um Cape Town ist atemberaubend. Egal wo man steht, man sieht immer den Tafelberg oder Lionshead und den Ozean. Man kann stunden durch den Dschungel der "Zwölf Aposteln" klettern und sich einen Atemzug später in einem Club mitten in der Stadt wieder finden.

Ich habe Tablemountain bestiegen. Den schweren Weg. Und ich bn wahnsinnig stolz auf mich. Mein Körper kann das inzwischen einfach so, ohne Asthma oder andere Attacken, ohne beängstigende Grenzerfahrungen, angenehm und schön! Ich fange an mich in ihm wirklich sicher und Zuhause zu fühlen. Und es hat sich wirklich gelohnt, der Blick über Cape Town von diesem magischen Ort ist enfach beeindruckend und unbeschreiblich schön.

Ich spüre den Fels unter meinen Füßen. Der Stein ist noch warm von der Sonne, deren letztes Licht gerade verschwunden ist. Ich stehe ganz oben auf dem Lionshead wo wir uns den Sonnenuntergang angeschaut haben und im pulsierenden Schein der nächtlichen Stadt mache ich mich barfuß an den abstieg. Der ganze Berg erstrahlt von Glühwürmchen und der Lärm Cape Towns ist aus dieser Höhe kaum zu vernehmen.

Die Wunder des Dschungels, der den geheimen kleinen Bach säumt sowie die Gespräche mit den Bäumen Kirstenboschs, welche ich mit Gert erlebte und teilen durfte, bleiben ewig in meinem Herzen.

Die Company Gardens sind absolut schön! Mitten im Stadtzentrum ist ein wundervoller Park mit den schönsten Bäumen, die ich je gesehen habe. Sie sind nicht alle aus Südafrika, aber das Klima hier scheint ihnen gut zu gefallen und so wachsen sie zu beeindruckender Größe und Schönheit. In ihnen leben wundervolle Eichhörnchen und Vögel und wenn man genau hinhört, greifen die Bäume ihre Lieder auf. Ich habe Stunden damit verbracht, sie zu beobachten, zu zeichnen und mit ihnen Kontakt zu knüpfen und in mitten der bebenden Stadt ist es ein Ort voll Friede und Erdung.

Was ich ganz besonders vermisse, ist das Tanzen. Die Clubs von Cape Town sind wunderschön und vielfältig und es war ein tolles Erlebnis in diese schillernde Welt einzutauchen.

Ich gehe über die Longstreet, meine Freunde aus Brasilien sind mit mir. Ich grüße einen befreundeten Türsteher von einem meiner Lieblingslokale und steuere den nächsten Club an. Auf der anderen Straßenseite prügeln sich Betrunkene, die Securityleute umgeben sie bereits und versuchen zu deeskalieren. Im Kontrast dazu stehen die schillernden, wunderschönen, fröhlich feiernden Menschen in den hübschen, hell erleuchteten Clubs und Bars die die Straße säumen. Trotz dieser Unterschiede fühle ich mich unglaublich wohl und strahle mit der Stadt. Enrique sieht mich von der Seite an und sagt: "You live here." Ich strahle noch etwas heller und sage:"Yes, I do."

Into the wild

Ein Summen erfüllt den ganzen Bus. Die vielen unterschiedlichen Sprachen und Stimmen ergeben die Musik,die die vorbeziehende Landschaft untermalt. Ich meine, ich höre Zulu, Xosa, Afrikaans, kaum Englisch. Außerhalb des Busses ist die Landschft geprägt von Bergen, Nadelbäumen und Landwirtschaft. Die Stewardess des Busses bittet uns, jeden Mitfahrer mit unserer Liebe zu segnen. Wir begeben uns weiter ins Inland und erreichen die Karoo. Es ist die erste Wüste, die ich sehe. Der Sand ist bunt, von dunkelblau zu himmelblau über strahlend grün hin zu allen Farben des Sonnenuntergangs. Es ist ein Regenbogenland und glitzert in der Sonne als bestünde es aus Diamant, eine Schönheit, die ich nicht einmal erahnt habe.
Ich möchte nur hinausschauen und über meine letzten Wochen nachdenken, doch mein Sitznachber lässt mich nicht. Er ist aufdringlich doch durchaus interessant; so erzählt er mir, er habe drei Jahre in Indien verbracht um aus Händen lesen zu lernen. Er gibt mir eine Kostprobe und es ist erstunlich was er in meinen Händen liest. Doch selbst das richtige Handlesen zu lernen und die Regenbogenwüste um mich herum, können den Abschiedsschmerz nicht verblassen lassen. Cape town zu verlassen ist fast schmerzhafter als es war, nach Südafrika aufzubrechen.
Ich habe die letzten Wochen bei Debbie , einer wundervollen Englischlehrerin, die mir Mutter und Freundin geworden ist und ihrem Hund Bob Marley verbracht. Von der Veranda ihres kleinen Hauses in Seapoint kann man rechts die Berge um Lionshead und Signal Hill und links den Ozean sehen. Ich hätte dort ewig bleiben können, uns gegensetig bekochen, gemeinsam kuchensoaps gucken, schöne Spaziergänge mit Marley machen... Ich habe ein Zuhause in Cape Town und ich werde dorthin zurückkehren!
Auch meine Freunde dort fehlen mir sehr. Ich habe verwandte Seelen getroffen, mich mit ganzen Bands, Türstehern, Kellnern und Barkeepern angefreundet und ich kann nicht mehr über die Longstreet laufen, ohne jemanden zu kennen; ich habe mit Taxifahrern mein Eis geteilt, mit ihnen über ihren Beziehungskummer gesprochen und zwischen all dem Fliegen meine Wurzeln bei den Bäumen und Bergen gefunden, die wenn man lauscht, Lieder von alten Zeiten singen.

Tiefe Dunkelheit umgibt uns als wir in dem alten Bus in die Wildnis fliegen. Die Scheinwerfer zerreißen die Nacht um uns herum und lassen hin und wieder Schemen großer Körper aufleuchten, welche meine Fantasie zu Tieren formt. Die befestigte Straße hat sich in einen Sandweg verwandelt und der Van kracht bei dieser Geschwindigkeit so sehr, dass ich mich frage, wie lange er standhält.
In unserer ersten Nacht begrüßt uns ein Gewitter, wie ich es selten erlebt hab. Es ist warm, Blitze zucken über uns und der Sturm bläht die Vorhänge. Ein mosuartiger Regen folgt, der die rote Erde mit leuchtenden Spiegeln übersäht. Er wird die Savanne zum blühen bringen.

Meine Welt in Deutschland wirkt klein, gegen die Größe dieses Landes.

Big Mama

Ich habe heute den schönsten Baum der Welt kennen lernen dürfen. Sie ist ein Baobab und weit über 1000 jahre alt, ich nenne sie Big Mama. Big Mama steht mitten in Zingela und man muss ein paar Minuten in den Busch laufen, um sie zu erreichen. Ihr Stamm ist so gigantisch, dass es mehr als 10 große Männer braucht, um sie zu umfassen und schimmert in einem tiefen, hell duchäderten rot. Ihr gesamter Stamm scheint in den Boden zu fließen, dicke Tropfen ihres Holzes rinnen an ihr hinab und ihre Äste ragen wie Wurzeln in den Himmel. Ich muss weinen, als ich sie sehe. Die Legende um Baobab-Bäume besagt, dass als Gott den Baobab schuf, er ihn als zu schön für Menschen und diese Welt erachtete und ihn deshalb einfach auf den Kopf stellte, so dass nur er ihn wirklich sah und schuf somit eine stake Verbindng zwischen Himmel und Erde. Man kann diese Legende spüren, wenn man vor ihr steht und um sie her ist ein wahrlich magischer Ort.

Ich lerne so viel die letzten Tage über das System einer wilden Natur. Und ich liebe die Aufgaben, die wir übernehmen. Das verstecken in den Hochsitzen, lauernd nach Tieren, die wir protokolieren, die Fahrten, während deren wir die Tiere zählen, auch nur das Sitzen hinten in dem offenen Jeep mit dem Wind im Gesicht, der die Hitze davonträgt, das alles ist so wahnsinnig schön!
Das Lehrreichste sind die Wanderungen durch den Busch. Alle Sinne sind geschärft und ich habe nie eine so starke Verbindung und Zugehörigkeit zur Natur gespürt!

Es ist beeindrucken Elefanten, Giraffen, Baboons und Zebras in freier Wildbahn zu sehen, ungezähmt, ntürlich. Aber auch schwer zu begreifen. Ich glaube Menschen wünschen sich immer eine Beziehungzu diesen beeindruckenden Schönheiten, die uns Ehrfurcht lehren können. Deswegen füttern wir sie, gewöhnen sie an uns und sperren sie ein. Doch damit respektieren wir weder sie noch ihre Systeme und verjagen oder töten damit genau das, was in uns den Wunsch nach einer Beziehung zu ihnen weckt. Somit nehmen wir uns jede Chance auf eine tatsächliche Verbindung zu ihnen. Vielleicht entsteht die einzig echte Beziehung zwischen ihnen und uns in dem Moment, in dem sie uns jagen?

Ich liege in unserem waldgrünen Zelt und lausche in die Nacht. Das metallische Surren der tausenden Termitenflügel ist verstummt, nachdem das Buschbaby sein Abendmahl beendet hat. Doch der Wald schläft nicht. Ich muss an die Bilder dieses Tages denke, an den Ausguckspunkt, von dem aus man Botswana und Zimbabwe sehen kann, mit den kleinen Gekkos und den Klippschliefern, die über die sonnenwarmen Felsen huschen, den goßen Elefantenbullen, der mir tief und ruhig in die Augen blickt, an die Art, wie sich der grün schimmernde Leib der Schlange durch die Bäume schlängelt, an die beeindruckenden Nyala-Bäume und ihre Partnerschaft mit den Termiten und das leuchtende grün der "Fever Tree"-Rinde, die die Felsen hinabfließen, an Matilda die auf dem Sitz vor mir schläft und Alister, der sich auf dem Sitz hinter mir in der Landschsft verliert. Tief im Wald brüllen die Löwen.

Wir haben die letzten Tage wegen eines Zusammentreffens verschiedener Natur- und Tierschützer im Mapungubwe Nationalpark verbracht. Ich glaube, unter Menschen zu sein hat uns allen sehr gut getan. Und dennoch birgt es ein Zuhausegefühl, zurück in unserer  Zingela-Wildnis zu sein. Ich habe viel Zeit zum Nachdenken und bin noch nicht sicher, ob das so gut ist. Aber ich glaube man kann nicht nach Südafrika fliegen, ohne die Perspektive auf sein Leben zu verändern.

Freitag, 11. Oktober 2013

haeven

Ich kann keine Sonnenbrillen tragen. Du lachst mit den Augen, ohne sie geht es nicht. Wenn ich so etwas trage habe ich das Gefühl, ich kann nicht mehr lachen. Und ich habe selten so viel gelacht und gelächelt, wie hier. Alles ist voller Liebe und Fröhlichkeit und wunderschöner Menschen! Ich besah vorhin den Himmel über Kapstadt und betitelte ihn mit "Heaven" nicht mit "sky". Und es  entspricht wirklich meinem Gefühl!
Ich sitze mal wieder neben diesen spannenden, wundervollen Menschen an der Sunflowerbar und lasse mir von der Sonne den Rücken wärmen.
Die Menschen hier sind so wahnsinnig schön, dass ich ernstahft über ein Keuschheitsgürtel nachdenke, aber wegen den Unannehmlichkeiten, die ein solcher bereitet, könnte meine Beine nicht zu rasieren, vielleicht den selben Effekt haben.

Der inhaber meines Hostels erklärte mir gestern "ubuntu". Es beschreibt die Gemeinschaft  all dieser unterscheidlichen Menschen. Egal wie viel Geld, welche Hautfarbe oder Herkunft sie haben. Ubuntu verbindet sie zu einer grossen Gemeinschaft die füreinander sorgt. Und dieser Geist ist überall zu spüren.

Meine frühere Tutorin hat mal gesagt, ich würde immer ein Mensch der Aufs und Abs bleiben, ich müsse nur lernen, beide Zustände zu genießen. Wie recht sie hatte. Die erste Traurigkeit überfällt mich. Vielleicht ist es etwas, was meine mama so gerne als Eusress, also als positiven Stress bezeichnet, vielleicht ist es ein Anflug von Sehnsucht nach Sicherheiten, vielleicht ist es auch nur der Preis, den mein wunderbares Geschenk unglaublichen Glücks kostet; ist es letzteres zahle ich ihn gern. Ich fühle mich etwas seltsam. Nein, ich habe das Gefühl, ich merke das erste mal, wie seltsam ich bin. Ich verbringe viel Zeit mit den Jungs. Sie sind so witzig und liebevoll und lachen mit mir, wenn ich komische Dinge tue, ich glaube die Mädels verschrecke ich eher damit. in einem Punkt macht es mich traurig, dass ich schon so eigen bin, irgendwo wirklich nicht dazuzupassen, andererseits freut es mich, denn es bedeutet, ich werde mehr und mehr ich selbst. Vielleicht, ist es auch nur mein Erstaunen darüber, dass ich die Wahl habe, zu wem ich gehören will, wo ich sein möchte, bei wem ich mich zuhause fühle und vor allem, wie unperfekt ich bin und wie gut sich das anfühlt. Ich muss gestehen, es verunsichert mich etwas, so vollständig unverblümt zu sein und dennoch ist es genau richtig! Lieber Dr.Walter, liebe Frau Krämer: ich bin hier so wahnsinnig unperfekt!  Mein Englisch ist nicht gut, ich bin grossmäulig in einigen Momenten, ich bin eine entsetzliche Quasselstrippe und rede ganz schön seltsamen Kram, wo ich nicht möchte, lasse ich mit meiner Meinung gerade keine super reflektierte Gnade walten und gehe an dieses Abenteuer voller Lebenswut! Ich bin Ihnen so wahnsinnig dankbar dafür!!

Vielleicht ist es tatsächlich, als wäre ich auf einem Trip, meinem Südafrikatrip und wenn die Wirkung meiner Droge nachlässt, fühle ich mich ersteinmal ausgelaugt und fertig. Aber es reicht einer Gruppe wunderschön singender Männer zu lauschen um wieder zurück in meinem Himmel zu sein.

Heute Morgen: Ein Strand. Der Sand ist weiß und fein. Große Wellen brechen stürmisch und flüstern auf uns zu. Der Nebel umarmt die Welt um uns. Nur das Weiß des Sandes, die Wellen und wir.

Montag, 7. Oktober 2013

Sunflower

Ich sitze an der Bar des Sunflower Backpacker Hostels und verbrenne mich hallb an dem aufgeheizten Holz des Hockers. Wir sind gerade erst angekommen und mein Kopf summt noch von all den Eindrücken. Es ist hier die Zeit der brennenden Mittagshitze, in der die Meisten ihre Arbeit niederlegen und in den Schatten flüchten. Ich habe die letzten Stunden, eigentlich den ganzen letzten Tag, wie in einem Rausch verbracht. Und jetzt hier zu sitzen, in Kapstadt und darauf zurückzublicken ist ein syrreales Gefühl. Gestern um diese Zeit stand ich am Flughafen, mit all diesen wunderbaren Menschen um mich herum und durfte diese tiefe Liebe und Verbundenheit spüren. Meine Mum hat mich ganz doll gedrückt und gesagt, wie sehr sie sich freut, dass ich diese Erfahrungen machen darf und wie stolz sie auf mich ist, das hat so unglaublich gut getan!
Ich hatte fest damit gerechnet, der Abschied würde mir schwerer fallen, vielleicht waren es all diese liebevollen Menschen, die es mir so erleichter haben, indem sie mir das Vertrauen in die Richigkeit und Schönheit dieser Reise zeigten.
Ich habe geweint, als wir in Hamburg abhoben und dabei gelacht. Dass diese Reise, die ich Monate geplant habe, die zur Zeit meines Elefanten-Windspiels nichts weiter als ein Traum war, jetzt real werden soll, ist etwas, dass ich nicht begreifen kann.
Die ersten paar Minuten in der Luft habe ich nur gechantet, um mich zu beruhigen und dieses Abenteuer, mit der Unterstuetzung des Universums, wie wir Buddhisten glauben, in die Hände zu nehmen. Und das Universum war da. Da war die Schönheit eines Wolkenmeeres, eines Sonnenuntergangs und der leuchtenden Energieadern der nächtlichen Welt, da waren wundervolle Menschen im Flieger und in Dubai, die mir so voller Offenheit und wärme begegnet sind und da war die Begierde, diesen meinen Traum zu erleben.
Und nun sitze ich tatsächlich mitten in Kapstadt, bin vom Staunen und Freuen ganz benommen und bewundere die Gegensätzlichkeiten dieser Welt. Ich versuche die Stadt durch die Haut zu spüren, wie ich es sonst so gerne tue und die Stimmung einzufangen, die hier herrscht, doch dafür sind es zu viele, zu unterschiedliche Farben, die sich im Gemüt dieser Stadt finden. Was ich bisher aufzunehmen vemag ist ein wundervolles Kribbeln von pulsierendem Leben, Vorsicht, Achtung und sprühender Freude. Doch vermutlich gillt dies lediglich für den kleinen, palmenbewachsenen Hof des Sunflower, in dem ich sitze. Hinter der vannillegelben, stachelgespickten Mauer sind grosse, majestätische Bäume zu sehen und es drängt mich, mich mit dieser Welt zu verbinden und Kontakt aufzunehmen. Was bin ich nur für ein liebegeküsstest Kind, mich bei einer solchen Unternehmung auch noch so beschützt zu fühlen.
Ich empfinde innigste Dankbarkeit!
Rania

Mittwoch, 2. Oktober 2013

Countdown

Seit Tagen verfolgt mich dieses Augenlied-Stress-Zucken. Kennt ihr das? Ich muss mir mich dann immer mit einer Jägermütze, diese mit den Ohrenklappen, einer alten Schrotflinte ( die ich Liebling nenne) und einem Sabbertropfen vorstellen. Dieses Bild von mir verdanke ich übrigens meinem früheren Klassenlehrer, Herrn Busch, welches entstand, als die Diskussion mal wieder auf die fußballspielenden Fünftklässler zwischen den Klassenpavillionen kam. Nun, genau dieses Stresszucken ist es, dass mir seit Tagen keine Ruhe lässt, begleitet von unerbittlicher Müdigkeit, kleinen Krankheitsanzeichen und, am störendsten, einer penetranten Schusseligkeit und Tolpatschigkeit, der ich nur ausgeliefert bin, wenn mir mein Leben mal wieder über den Kopf wächst. Es passiert mir und ich stehe davor, mit großen Augen und staune, wie es rennt. Ich habe vergessen, dass ich hinterherrennen muss... vielleicht bewegt es sich wie auf einem Sportplatz und irgendwann kommt es von hinten angeschossen und nimmt mich mit.

Es sind noch 4 Tage.

Inzwischen sind, abgesehen vom Packen meines Koffers, den ich in den Keller verbannt habe, damit er nicht so strafend guckt, alle wichtigen Dinge getan. Mit meiner neuen Diabetestherapie, die ich vor einer Woche aus verschiedenen Gründen umstellen musste, komme ich nun gut zurecht, auch wenn die Werte noch recht holperig sind. Ich schreibe das dem Gefühlschaos in mir zu. Oh, obendrauf kommt noch, dass ich in den letzten Monaten ausversehen zu meinem Freund gezogen bin. Wie das geht? Naja, erst war ich so zwei Tage die Woche bei ihm, dann drei, dann fing ich an bei ihm zu arbeiten und jetzt bin ich immer nur noch kurz zu Hause um meine Katze zu knutschen, etwas vorzubereiten, etwas zu holen oder wegzubringen oder mit meinen Eltern zu sprechen. Ich habe oft Schuldgefühle deswegen. Ich weiß, dass meine Eltern sich wegen Afrika große Sorgen machen und es würde ihnen sicher leichter fallen, wenn sie mich gerade mehr um sich hätten, allerdings gewöhnen sie sich so vielleicht daran, mich nicht um sich zu haben. Die Schuldgefühle hege ich daher insbesondere gegenüber Flöckchen, meiner Katze, und meinem schändlich vernachlässigten Zimmer, dessen Optik in den letzten Wochen von meiner Höhle zu einem Umschlagsbahnhof mutiert ist. Dafür freut sich der andere Teil meiner Familie ganz besonders über meine häufige Anwesenheit. Und so sitze ich jetzt mit dieser meiner kleinen Familie, bestehend aus Jean (meinem Freund) und unseren Katern, Pi und Sigma, auf dem Sofa unseres gemeinsam renovierten Wohnzimmers und höre "Wild Life" von Fiddlers Green.

 Das es auch nur einen Teil in mir gibt, der realisiert hat, dass ich mich in fünf Tagen auf dem weg in eine andere Welt befinde, bezweifle ich stark. Ich habe noch nie annähernd Vergleichbares erlebt, alles daran ist neu. Ich werde so viel lernen müssen und mit Sicherheit so viele Fehler machen! Und ich muss sagen, ich freue mich riesig darauf, hinauszugehen und alle diese Fehler zu begehen. Vielleicht wird mir bei meiner Rückkehr ja etwas angerechnet, das man Lebenserfahrung nennt. Ob das reicht? Oder sind drei Monate in Südafrika nicht genug, um von Lebenserfahrung zu sprechen? Was muss man dafür tun? Wie alt muss man dafür werden? Ab wann wird man als erwachsener respektiert. Ich kann mir gerade nicht verkneifen meine Meinung dazu kundzutun: Ich glaube, erwachsen sein kann jedes Kind. Ich bin es, seit ich sechs bin. Vielen Erwachsenen ist das sehr unangenehm, nach meiner Beobachtung besonders denen, die besonders viel auf ihr Erwachsensein und ihre Lebenserfahrung im Bezug auf ihr Alter setzen. Die Probleme der Erwachsenenwelt sind groß, komplex, die sorgen existenziell und für ein Kind unvorstellbar. Wie erschütternd, wenn ein so junges Kind dann anfängt, die Situation tatsächlich zu verstehen und sich erdreistet, auch noch wirklich hilfreiche Dinge zu sagen. Es darf einfach nicht möglich sein, dass die großen Probleme der großen Menschen schon im Kleinsten ihr Ebenbild finden und doch ist es so. Was unterscheidet den Schüler, der vor der Versetzung zittert von dem Arbeitnehmer, der sich vor einer Kündigung ängstigt. Häufig lautet die Antwort des Arbeitnehmers: "Gar kein Vergleich! Bei mir geht es um Existenzängste, der Knirps hat alles noch vor sich! Hingegen der Arbeitsmarkt zur Zeit und trotz meiner Profession..." Ob er in diesen Momenten wohl daran denkt, dass er bereits eine Profession und eine Anstellung hat, der "Knirps" aber noch vollständig um diese Bangen muss? All die Gefühle, die sich hinter den "großen Problemen" verbergen, kennt jedes Kind. Und jedes halbwegs kluge Kind, ist in der Lage, mit etwas Empathie, diese gegeneinander abzugleichen und sich so problemlos in den Erwachsenen hineinzuversetzen. Das mag erschreckend sein, aber es ist so, ich spreche aus Erfahrung. Und so ist ein Teenager in der Lage, mehr Lebenserfahrung zu besitzen, als manch "Großer" am Ende seines Lebens. Erst recht in einer Zeit, die sich so schnell entwickelt, dass "Alter" nicht mehr die Überlegenheit im täglichen Leben durch Übung und Erfahrung bedeutet, denn das wäre der Punkt, in dem Alter und Lebenserfahrung tatsächlich zusammenhängen, sondern hauptsächlich und traurigerweise, den Verlust von einstig vielleicht sogar perfektionierten Fertigkeiten. Aus diesem Grund bin ich am "Erwachsenwerden" eher mäßig interessiert. Was ich mir erobern möchte, ist meine Kinderseele, die man vielleicht schon im ersten Eintrag herausgehört hat. Sie ist das, wofür es sich zu kämpfen lohnt, was man so leicht verliert und welches nur so schwer wiederzuerlangen ist. Sie ist der Grund, dass ich mit sprühendem Herzen und voller Freude nach Afrika fahren kann und nicht in Angst vor meinen Fehlern zergehe, sie ist der Grund, dass der Inhalt meines Ereaders hauptsächlich aus Büchern meiner Kindheit besteht, in denen ich mich zu hause fühle, sie ist der Grund, dass ich eine Stunde damit verbringe Bilder einzuscannen, die unbedingt mitmüssen, weil sie mich zum träumen und zum erblühen meiner Phantasie anregen. Und so möchte ich versuchen, den Kontakt zu ihr zu verstärken und weiß, dass es für mich nur diesen Weg gibt, mich zu finden und "ich selbst" zu sein. Denn nur mit ihr fühle ich, kann wütend sein und mich gleichzeitig über diese Wut freuen, kann neues entdecken und altes im Herzen behalten. Sie hat mich nach Afrika gebracht und verwirklicht, mit dem, was ich in den nächsten Monaten tun werde eine lang gegehgten Kindheitstraum, den ich schon im letzten Eintrag beschrieb.
Mit dieser Energie fahre ich nach Afrika.

In Liebe
Rania

Donnerstag, 5. September 2013

Mau! Mein Weg nach Afrika...

Hallo ihr wundervollen Menschen da draußen! Dies soll nun also mein erster, offizieller Blogeintrag werden, ich hätte nie geglaubt, dass es dazu mal kommen würde.
In allen sozialen Netzwerken weigere ich mich grundsätzlich viel zu schreiben und aus dem Nähkästchen zu plaudern, da ich mich jedes mal zwei sehr entscheidende Dinge frage: "Wen geht es etwas an?" und "Was hab ich denn schon zu sagen?", zwei doch recht essenzielle Bedenken, wenn es um die Blogveröffentlichung geht. Zu Ersterem reichte eine kurze Beobachtung meiner eigenen Streifzüge in dieser kuriosen Dimension Namens WWW um festzustellen, dass es wohl immer einen Idioten gibt, der mag, was man so um sich schmeißt und selbst, wenn es zur reinen Selbsterbauung gelesen wird. Das Zweite zu beantworten kostet mich noch etwas Überwindung. Ich kenne großartige Blogger, die fantastische Texte schreiben, mit Intelligenz und Witz, mit diesem Alltagshumor, der einem, wie ich glaube einfach anhaften muss, ähnlich einem Kaugummi, das einen hartnäckig unter der Schuhsohle begleitet. Ob ich den habe? Das bleibt abzuwarten. Ich habe früher Texte und Geschichten geschrieben, auf die ich sehr stolz war, aber ich bin ihnen lange entwachsen und die Schreibpause ist zu groß, als das ich wüsste, auf welchem Stand ich bin.
Aber zur eigentlichen Frage: Wieso um alles in dieser wundervollen und doch schrecklichen Welt bin ich der Meinung, ich müsste euch nun auch noch meinen Gedanken-Wirrungs-Müll aufdrängen?

Ich sitze in meinem Zimmer auf meinem Bett, dass eigentlich nur ein Sessel ist. Ich mag es. Obwohl es klein, die Matratze wohl eigentlich ungeeignet und seine ursprüngliche Sesselfunktion völlig ungenutzt ist, liege ich gerne darin. Ich habe es mir in kindlicher Begeisterung ausgesucht, einer Mischung aus dem nostalgischen Sehnen nach Kinderspielen und einer freudigen Erwartung des Jugendlichseins entsprungen und voll von der Freude daran, mir so den Übergang gestalten zu können. Mama sagt immer, ich wollte mein Sessel-Bett nur, weil meine beste Freundin Nici es auch hatte. Aber das stimmt nicht. Ihres ist rot. Meins ist blau. Das ist etwas komplett anderes!
Ich sitze also auf diesem meinem wunderbaren Sesselbett und blicke auf das kupferfarbene Windspiel, mit den Elefanten und den Glöckchen, dass so nach Afrika aussieht. Deshalb habe ich es mir gekauft, vor etwa einem halben Jahr. Als ich noch bedeutend kleiner war, war mein Traum eines Tages Zootierärztin zu werden. Dieser Traum entsprang dem inneren Bild einer wunderschönen Frau mit kurzen blonden Locken, so in den 30 (das sollte ich sein) mit einem etwa zweijährigen unfassbar süßen Kind auf der Hüfte, welche in einem sonnendurchfluteten rustikalen OP-Saal steht und ihr Kleines einen sedierten Löwen streicheln lässt. Als mich etwa zwei Jahre später eine Zeitschrift darüber aufklärte, dass dieser Job schmutzig, blutig, kalt und nass sein sollte und man oftmals zu zweit für etwa 50.000 Tiere verantwortlich sei, wurde das Traumbild als "verworfen" abgestempelt und in dem "Früher"-Ordner abgelegt. Der Wunsch im Bereich Natur- oder Tierschutz zu arbeiten stieg in mir auf, wurde allerdings von einem inneren Bild zunichte gemacht, auf welchem ich mich irgendwo im Amazonas an einen Urwaldriesen klammere, um dessen Tod zu verhindern, während sich meine Kinder zu Hause nicht mal zwischendurch einen Schokoriegel leisten können.
Trotz dieser gescheiterten inneren Bilder hielt sich mein Wunsch nach echtem engen Kontakt zu diesen beeindruckenden Tieren und mein Bedürfnis, sie vor den Grausamkeiten zu bewahren, die Ihnen und ihrer Umgebung durch meine Spezies angetan werden.
Als das Ende meiner Schulzeit näher rückte und Wörter wie "Pause", "Auslandsaufenthalt", "Lebenserfahrung", "Studium", "Sprachen" und "Bewerbung" näher rückte, entschied ich, aus verschiedenen Gründen, diesen Traum wahr werden zu lassen.
Und jetzt, jetzt sitze ich hier, starre auf mein Windspiel, welches ein Zeichen sein sollte, für das bevorstehende Abenteuer und versuche, bis in die tiefe meiner Seele zu verstehen, dass ich in fünf Wochen in Südafrika sein werde, dass ich am 6.Oktober in ein Flugzeug steigen und drei Monate nicht zurückkommen werde. Ich kann das kaum fassen. Will ich das fassen? Ich weiß nicht, ob es für mich begreiflich sein kann...
Die letzten Monate, die Vorbereitungen, die Buchungen, das ist mir einfach passiert, es war eine Woge und ich bin mit ihr geschwommen und erst jetzt erkenne ich, wohin sie mich getragen hat, hinaus, aufs weite Meer.
ach, das klingt kitschig. Egal. Ich fühl mich so.
Manchmal wache ich auf, möchte mir an den Kopf schlagen und denke:" Lea, was machst du da eigentlich? Du bist Diabetikerin, hast kaum Reiseerfahrung, bist eigentlich fürchterlich ängstlich, dein Englisch war auch schon besser, und deine ganzen Allergien... außerdem sollen in Südafrika ständig Frauen vergewaltigt werden und diese Kriminalität, du solltest eine Pistole kaufen, aber woher, wie schießt man, würde ich schießen, oh Gott, darf man jemanden töten, wann ist das Notwehr...!?!?!" (Und dann erscheint ein Männchen im meinem Kopf und sagt: "Aber aber, wer wird denn gleich in die Luft gehen? Probiers doch einmal mit HB, dann geht alles wie von selbst!") ... Spaß bei Seite, ich rauche ja nicht. Aber immer, wenn ich so irritierend blödsinnig anfange zu hyperventilieren, gebe ich bei Google- Bilder Limpopo ein und fange über die Schönheit dieses Landes beinahe an zu weinen.
Ich bin müde und in mir wabern wieder all die gegensätzlichen Gefühle, was Afrika betrifft, aber einnisten tut sich ein wohlig warmes, ganz tief in meinem Bauch.-

Ich werde also für drei Monate nach Südafrika fliegen und dort in Tierschutzprojekten arbeiten, deshalb all das Gebrabbel in diesem Blog. Bitte sagt mir, ob es gut oder komisch ist, was ihr mögt und was euch stört, was euch interessiert und was ihr gar nicht so genau wissen wolltet. Ich versuche möglichst artig zu bleiben (ich kann euer grinsen und eure Lachanfälle übrigens hören) und einfach mal wieder ein bisschen zu schreiben, spätestens wenn ich da bin, kommt bestimmt Erzählenwertes dabei heraus.
Eine wundervolle gute Nacht, Welt, mach doch zur Abwechslung auch mal die Augen zu.
Liebevoll, Rania

PS:  Falls ihr lust habt, mir Kommentare o.ä. zu meinen Texten zu schicken, dann tut das gerne, entweder über Facebook (Lea Rania) oder per Mail an lea-rania@hotmail.de, ich freue mich über jede Rückmeldung!