Samstag, 23. November 2013

Trust

Es ist ein verrücktes Gefühl, aber ich habe mir innerhalb von 1 1/2 Monaten ein komplett neues, weiteres Leben aufgebaut. Ich habe Freunde hier, Menschen, die wie Familie sind, Perspektiven und Zukunftsvisionen. Ich stehe also da, mit zwei Leben und fühle mich hilflos. Denn ich liebe beide Leben und ich weiß nicht, wie ich mich entscheiden soll. Und am Ende wird es immer schmerzhaft, denn ich muss eines verlieren. Du kannst nicht zwei Leben leben, wie Gert sagte, sonst zerfließt du in Tränen. Ich habe Zeit bis Sylvester, um zu entsheiden, welches ich will. Und es wir schwer, denn mein Leben in Deutschland ist wunderoll und doch kann ich mir kaum vorstellen, zurückzukehren, die alten Straßen zu gehen, meine üblichen Tätigkeiten aufzunehmen, das ist in meinem Kopf nicht möglich.
Und ich habe Angst, in Deutschland aus dem Flieger zu steigen und das einzige, was ich mir wünsche, ist nach Afrika zurückzukehren. Was tue ich dann, wie reagiere ich, welches Leben?

Was mir hilft ist, dass ich lerne zu vertrauen. Ich spüre die Macht und die Liebe der Natur und des Universums und ich merke jeden Tag, dass sich alles zum Guten wendet, dass alles die richigen Wege geht. Wie Phil zu mir sagte:" Alles ist perfekt, es ist unsere Unfähigkeit, es so zu sehen." Und ich bin sicher, er hat recht. Ich weiß dass, wenn ich es zulasse, die Natur mir helfen wird. Ich glaube, dasist eine meiner wichtigsten Lektionen.

Was ich hier draußen auch lerne, sind meine Prioritäten, was ich wirklich brauche und wünsche. Ich hätte nie gedacht, dass meine Naturverbundenheit mir so wichtig ist. Aber so ist es. Ich möchte über die Systeme hier lernen, ich möchte wissen, in welcher ursprünglichen Welt ich lebe. Und ich möchte die Fähigkeiten weiterentwickeln, die daraus entstehen.
Die Natur hier bringt mich zur Ruhe und ich fange an, Tiefe, Erdung und meine Wurzeln zu spüren und das bedeutet mir unglaublich viel. Ich möchte versuchen, dass zu bewahren, egal wo ich bin.

Ich liege auf dem Dach unseres Schuppens, Phil neben mir. Wir blicken in den Himmel, es ist total klar und dennoch sieht man kaum Sterne, der Vollmond ist zu schön und zu hell. Nur Venus strahlt durch die Nacht, in ihrer Majestät ungebrochen. Die Luft ist warm und erfrischend von der Hitze des Tages. Die Savanne singt ihr Lied, laut und wunderschön und wenn man sehr vorsichtig lauscht, kann man das trommelnde Lied Afrikas hören, welches im gesamten Kontinent klingt. Ich liebe dieses Lied und ich liebe dieses Land.

Mit jedem Tag fühle ich, wie Zuhause ich hier bin. Ich habe mich nirgends so beheimatet gefühlt.

Ich sitze im Buffalo-Hide auf meinem Plastikstuhl. Es ist ein Holzausguck mit Reetdach, etwa 3-4m hoch. Hinter mir steht ein großer Baum, er scheint halb tot, doch ein Teil von ihm trägt schönes Laub. Vor mir, umgeben von einer recht offenen Fläche, ist das Wasserloch, an dem vor einer halben Stunde noch Impalas tranken. Sie haben längst Schutz gesucht. Über mir und um mich tost ein gewaltiger Sturm. Der ganze Hide schwankt unter der Wucht des Windes und der Donner hat eine fast unnatürliche Lautstärke. Vor mir sehe ich einen Blitz aus dem Boden wachsen. Er trifft auf sein Gegenstück aus den Wolken, sie vereinen sich in einer knisternd donnernden Explosion.

Wenn ich die Gewalten der Natur auf diese Weise spüre, merke ich, wie klein und unbedeutend ich bin und wie zart mein Leben ist. Das ist ein wunderbares Gefühl. Für einen Moment vergesse ich die Probleme dieser Welt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen