Donnerstag, 31. Oktober 2013

CT BestOff!

Ich habe in Cape Town so viele wunerbare Dinge erlebt undich möchte sie euch nicht alle vorenthalten. Hier also meine Cape Town Highlights:

Die Natur um Cape Town ist atemberaubend. Egal wo man steht, man sieht immer den Tafelberg oder Lionshead und den Ozean. Man kann stunden durch den Dschungel der "Zwölf Aposteln" klettern und sich einen Atemzug später in einem Club mitten in der Stadt wieder finden.

Ich habe Tablemountain bestiegen. Den schweren Weg. Und ich bn wahnsinnig stolz auf mich. Mein Körper kann das inzwischen einfach so, ohne Asthma oder andere Attacken, ohne beängstigende Grenzerfahrungen, angenehm und schön! Ich fange an mich in ihm wirklich sicher und Zuhause zu fühlen. Und es hat sich wirklich gelohnt, der Blick über Cape Town von diesem magischen Ort ist enfach beeindruckend und unbeschreiblich schön.

Ich spüre den Fels unter meinen Füßen. Der Stein ist noch warm von der Sonne, deren letztes Licht gerade verschwunden ist. Ich stehe ganz oben auf dem Lionshead wo wir uns den Sonnenuntergang angeschaut haben und im pulsierenden Schein der nächtlichen Stadt mache ich mich barfuß an den abstieg. Der ganze Berg erstrahlt von Glühwürmchen und der Lärm Cape Towns ist aus dieser Höhe kaum zu vernehmen.

Die Wunder des Dschungels, der den geheimen kleinen Bach säumt sowie die Gespräche mit den Bäumen Kirstenboschs, welche ich mit Gert erlebte und teilen durfte, bleiben ewig in meinem Herzen.

Die Company Gardens sind absolut schön! Mitten im Stadtzentrum ist ein wundervoller Park mit den schönsten Bäumen, die ich je gesehen habe. Sie sind nicht alle aus Südafrika, aber das Klima hier scheint ihnen gut zu gefallen und so wachsen sie zu beeindruckender Größe und Schönheit. In ihnen leben wundervolle Eichhörnchen und Vögel und wenn man genau hinhört, greifen die Bäume ihre Lieder auf. Ich habe Stunden damit verbracht, sie zu beobachten, zu zeichnen und mit ihnen Kontakt zu knüpfen und in mitten der bebenden Stadt ist es ein Ort voll Friede und Erdung.

Was ich ganz besonders vermisse, ist das Tanzen. Die Clubs von Cape Town sind wunderschön und vielfältig und es war ein tolles Erlebnis in diese schillernde Welt einzutauchen.

Ich gehe über die Longstreet, meine Freunde aus Brasilien sind mit mir. Ich grüße einen befreundeten Türsteher von einem meiner Lieblingslokale und steuere den nächsten Club an. Auf der anderen Straßenseite prügeln sich Betrunkene, die Securityleute umgeben sie bereits und versuchen zu deeskalieren. Im Kontrast dazu stehen die schillernden, wunderschönen, fröhlich feiernden Menschen in den hübschen, hell erleuchteten Clubs und Bars die die Straße säumen. Trotz dieser Unterschiede fühle ich mich unglaublich wohl und strahle mit der Stadt. Enrique sieht mich von der Seite an und sagt: "You live here." Ich strahle noch etwas heller und sage:"Yes, I do."

Into the wild

Ein Summen erfüllt den ganzen Bus. Die vielen unterschiedlichen Sprachen und Stimmen ergeben die Musik,die die vorbeziehende Landschaft untermalt. Ich meine, ich höre Zulu, Xosa, Afrikaans, kaum Englisch. Außerhalb des Busses ist die Landschft geprägt von Bergen, Nadelbäumen und Landwirtschaft. Die Stewardess des Busses bittet uns, jeden Mitfahrer mit unserer Liebe zu segnen. Wir begeben uns weiter ins Inland und erreichen die Karoo. Es ist die erste Wüste, die ich sehe. Der Sand ist bunt, von dunkelblau zu himmelblau über strahlend grün hin zu allen Farben des Sonnenuntergangs. Es ist ein Regenbogenland und glitzert in der Sonne als bestünde es aus Diamant, eine Schönheit, die ich nicht einmal erahnt habe.
Ich möchte nur hinausschauen und über meine letzten Wochen nachdenken, doch mein Sitznachber lässt mich nicht. Er ist aufdringlich doch durchaus interessant; so erzählt er mir, er habe drei Jahre in Indien verbracht um aus Händen lesen zu lernen. Er gibt mir eine Kostprobe und es ist erstunlich was er in meinen Händen liest. Doch selbst das richtige Handlesen zu lernen und die Regenbogenwüste um mich herum, können den Abschiedsschmerz nicht verblassen lassen. Cape town zu verlassen ist fast schmerzhafter als es war, nach Südafrika aufzubrechen.
Ich habe die letzten Wochen bei Debbie , einer wundervollen Englischlehrerin, die mir Mutter und Freundin geworden ist und ihrem Hund Bob Marley verbracht. Von der Veranda ihres kleinen Hauses in Seapoint kann man rechts die Berge um Lionshead und Signal Hill und links den Ozean sehen. Ich hätte dort ewig bleiben können, uns gegensetig bekochen, gemeinsam kuchensoaps gucken, schöne Spaziergänge mit Marley machen... Ich habe ein Zuhause in Cape Town und ich werde dorthin zurückkehren!
Auch meine Freunde dort fehlen mir sehr. Ich habe verwandte Seelen getroffen, mich mit ganzen Bands, Türstehern, Kellnern und Barkeepern angefreundet und ich kann nicht mehr über die Longstreet laufen, ohne jemanden zu kennen; ich habe mit Taxifahrern mein Eis geteilt, mit ihnen über ihren Beziehungskummer gesprochen und zwischen all dem Fliegen meine Wurzeln bei den Bäumen und Bergen gefunden, die wenn man lauscht, Lieder von alten Zeiten singen.

Tiefe Dunkelheit umgibt uns als wir in dem alten Bus in die Wildnis fliegen. Die Scheinwerfer zerreißen die Nacht um uns herum und lassen hin und wieder Schemen großer Körper aufleuchten, welche meine Fantasie zu Tieren formt. Die befestigte Straße hat sich in einen Sandweg verwandelt und der Van kracht bei dieser Geschwindigkeit so sehr, dass ich mich frage, wie lange er standhält.
In unserer ersten Nacht begrüßt uns ein Gewitter, wie ich es selten erlebt hab. Es ist warm, Blitze zucken über uns und der Sturm bläht die Vorhänge. Ein mosuartiger Regen folgt, der die rote Erde mit leuchtenden Spiegeln übersäht. Er wird die Savanne zum blühen bringen.

Meine Welt in Deutschland wirkt klein, gegen die Größe dieses Landes.

Big Mama

Ich habe heute den schönsten Baum der Welt kennen lernen dürfen. Sie ist ein Baobab und weit über 1000 jahre alt, ich nenne sie Big Mama. Big Mama steht mitten in Zingela und man muss ein paar Minuten in den Busch laufen, um sie zu erreichen. Ihr Stamm ist so gigantisch, dass es mehr als 10 große Männer braucht, um sie zu umfassen und schimmert in einem tiefen, hell duchäderten rot. Ihr gesamter Stamm scheint in den Boden zu fließen, dicke Tropfen ihres Holzes rinnen an ihr hinab und ihre Äste ragen wie Wurzeln in den Himmel. Ich muss weinen, als ich sie sehe. Die Legende um Baobab-Bäume besagt, dass als Gott den Baobab schuf, er ihn als zu schön für Menschen und diese Welt erachtete und ihn deshalb einfach auf den Kopf stellte, so dass nur er ihn wirklich sah und schuf somit eine stake Verbindng zwischen Himmel und Erde. Man kann diese Legende spüren, wenn man vor ihr steht und um sie her ist ein wahrlich magischer Ort.

Ich lerne so viel die letzten Tage über das System einer wilden Natur. Und ich liebe die Aufgaben, die wir übernehmen. Das verstecken in den Hochsitzen, lauernd nach Tieren, die wir protokolieren, die Fahrten, während deren wir die Tiere zählen, auch nur das Sitzen hinten in dem offenen Jeep mit dem Wind im Gesicht, der die Hitze davonträgt, das alles ist so wahnsinnig schön!
Das Lehrreichste sind die Wanderungen durch den Busch. Alle Sinne sind geschärft und ich habe nie eine so starke Verbindung und Zugehörigkeit zur Natur gespürt!

Es ist beeindrucken Elefanten, Giraffen, Baboons und Zebras in freier Wildbahn zu sehen, ungezähmt, ntürlich. Aber auch schwer zu begreifen. Ich glaube Menschen wünschen sich immer eine Beziehungzu diesen beeindruckenden Schönheiten, die uns Ehrfurcht lehren können. Deswegen füttern wir sie, gewöhnen sie an uns und sperren sie ein. Doch damit respektieren wir weder sie noch ihre Systeme und verjagen oder töten damit genau das, was in uns den Wunsch nach einer Beziehung zu ihnen weckt. Somit nehmen wir uns jede Chance auf eine tatsächliche Verbindung zu ihnen. Vielleicht entsteht die einzig echte Beziehung zwischen ihnen und uns in dem Moment, in dem sie uns jagen?

Ich liege in unserem waldgrünen Zelt und lausche in die Nacht. Das metallische Surren der tausenden Termitenflügel ist verstummt, nachdem das Buschbaby sein Abendmahl beendet hat. Doch der Wald schläft nicht. Ich muss an die Bilder dieses Tages denke, an den Ausguckspunkt, von dem aus man Botswana und Zimbabwe sehen kann, mit den kleinen Gekkos und den Klippschliefern, die über die sonnenwarmen Felsen huschen, den goßen Elefantenbullen, der mir tief und ruhig in die Augen blickt, an die Art, wie sich der grün schimmernde Leib der Schlange durch die Bäume schlängelt, an die beeindruckenden Nyala-Bäume und ihre Partnerschaft mit den Termiten und das leuchtende grün der "Fever Tree"-Rinde, die die Felsen hinabfließen, an Matilda die auf dem Sitz vor mir schläft und Alister, der sich auf dem Sitz hinter mir in der Landschsft verliert. Tief im Wald brüllen die Löwen.

Wir haben die letzten Tage wegen eines Zusammentreffens verschiedener Natur- und Tierschützer im Mapungubwe Nationalpark verbracht. Ich glaube, unter Menschen zu sein hat uns allen sehr gut getan. Und dennoch birgt es ein Zuhausegefühl, zurück in unserer  Zingela-Wildnis zu sein. Ich habe viel Zeit zum Nachdenken und bin noch nicht sicher, ob das so gut ist. Aber ich glaube man kann nicht nach Südafrika fliegen, ohne die Perspektive auf sein Leben zu verändern.

Freitag, 11. Oktober 2013

haeven

Ich kann keine Sonnenbrillen tragen. Du lachst mit den Augen, ohne sie geht es nicht. Wenn ich so etwas trage habe ich das Gefühl, ich kann nicht mehr lachen. Und ich habe selten so viel gelacht und gelächelt, wie hier. Alles ist voller Liebe und Fröhlichkeit und wunderschöner Menschen! Ich besah vorhin den Himmel über Kapstadt und betitelte ihn mit "Heaven" nicht mit "sky". Und es  entspricht wirklich meinem Gefühl!
Ich sitze mal wieder neben diesen spannenden, wundervollen Menschen an der Sunflowerbar und lasse mir von der Sonne den Rücken wärmen.
Die Menschen hier sind so wahnsinnig schön, dass ich ernstahft über ein Keuschheitsgürtel nachdenke, aber wegen den Unannehmlichkeiten, die ein solcher bereitet, könnte meine Beine nicht zu rasieren, vielleicht den selben Effekt haben.

Der inhaber meines Hostels erklärte mir gestern "ubuntu". Es beschreibt die Gemeinschaft  all dieser unterscheidlichen Menschen. Egal wie viel Geld, welche Hautfarbe oder Herkunft sie haben. Ubuntu verbindet sie zu einer grossen Gemeinschaft die füreinander sorgt. Und dieser Geist ist überall zu spüren.

Meine frühere Tutorin hat mal gesagt, ich würde immer ein Mensch der Aufs und Abs bleiben, ich müsse nur lernen, beide Zustände zu genießen. Wie recht sie hatte. Die erste Traurigkeit überfällt mich. Vielleicht ist es etwas, was meine mama so gerne als Eusress, also als positiven Stress bezeichnet, vielleicht ist es ein Anflug von Sehnsucht nach Sicherheiten, vielleicht ist es auch nur der Preis, den mein wunderbares Geschenk unglaublichen Glücks kostet; ist es letzteres zahle ich ihn gern. Ich fühle mich etwas seltsam. Nein, ich habe das Gefühl, ich merke das erste mal, wie seltsam ich bin. Ich verbringe viel Zeit mit den Jungs. Sie sind so witzig und liebevoll und lachen mit mir, wenn ich komische Dinge tue, ich glaube die Mädels verschrecke ich eher damit. in einem Punkt macht es mich traurig, dass ich schon so eigen bin, irgendwo wirklich nicht dazuzupassen, andererseits freut es mich, denn es bedeutet, ich werde mehr und mehr ich selbst. Vielleicht, ist es auch nur mein Erstaunen darüber, dass ich die Wahl habe, zu wem ich gehören will, wo ich sein möchte, bei wem ich mich zuhause fühle und vor allem, wie unperfekt ich bin und wie gut sich das anfühlt. Ich muss gestehen, es verunsichert mich etwas, so vollständig unverblümt zu sein und dennoch ist es genau richtig! Lieber Dr.Walter, liebe Frau Krämer: ich bin hier so wahnsinnig unperfekt!  Mein Englisch ist nicht gut, ich bin grossmäulig in einigen Momenten, ich bin eine entsetzliche Quasselstrippe und rede ganz schön seltsamen Kram, wo ich nicht möchte, lasse ich mit meiner Meinung gerade keine super reflektierte Gnade walten und gehe an dieses Abenteuer voller Lebenswut! Ich bin Ihnen so wahnsinnig dankbar dafür!!

Vielleicht ist es tatsächlich, als wäre ich auf einem Trip, meinem Südafrikatrip und wenn die Wirkung meiner Droge nachlässt, fühle ich mich ersteinmal ausgelaugt und fertig. Aber es reicht einer Gruppe wunderschön singender Männer zu lauschen um wieder zurück in meinem Himmel zu sein.

Heute Morgen: Ein Strand. Der Sand ist weiß und fein. Große Wellen brechen stürmisch und flüstern auf uns zu. Der Nebel umarmt die Welt um uns. Nur das Weiß des Sandes, die Wellen und wir.

Montag, 7. Oktober 2013

Sunflower

Ich sitze an der Bar des Sunflower Backpacker Hostels und verbrenne mich hallb an dem aufgeheizten Holz des Hockers. Wir sind gerade erst angekommen und mein Kopf summt noch von all den Eindrücken. Es ist hier die Zeit der brennenden Mittagshitze, in der die Meisten ihre Arbeit niederlegen und in den Schatten flüchten. Ich habe die letzten Stunden, eigentlich den ganzen letzten Tag, wie in einem Rausch verbracht. Und jetzt hier zu sitzen, in Kapstadt und darauf zurückzublicken ist ein syrreales Gefühl. Gestern um diese Zeit stand ich am Flughafen, mit all diesen wunderbaren Menschen um mich herum und durfte diese tiefe Liebe und Verbundenheit spüren. Meine Mum hat mich ganz doll gedrückt und gesagt, wie sehr sie sich freut, dass ich diese Erfahrungen machen darf und wie stolz sie auf mich ist, das hat so unglaublich gut getan!
Ich hatte fest damit gerechnet, der Abschied würde mir schwerer fallen, vielleicht waren es all diese liebevollen Menschen, die es mir so erleichter haben, indem sie mir das Vertrauen in die Richigkeit und Schönheit dieser Reise zeigten.
Ich habe geweint, als wir in Hamburg abhoben und dabei gelacht. Dass diese Reise, die ich Monate geplant habe, die zur Zeit meines Elefanten-Windspiels nichts weiter als ein Traum war, jetzt real werden soll, ist etwas, dass ich nicht begreifen kann.
Die ersten paar Minuten in der Luft habe ich nur gechantet, um mich zu beruhigen und dieses Abenteuer, mit der Unterstuetzung des Universums, wie wir Buddhisten glauben, in die Hände zu nehmen. Und das Universum war da. Da war die Schönheit eines Wolkenmeeres, eines Sonnenuntergangs und der leuchtenden Energieadern der nächtlichen Welt, da waren wundervolle Menschen im Flieger und in Dubai, die mir so voller Offenheit und wärme begegnet sind und da war die Begierde, diesen meinen Traum zu erleben.
Und nun sitze ich tatsächlich mitten in Kapstadt, bin vom Staunen und Freuen ganz benommen und bewundere die Gegensätzlichkeiten dieser Welt. Ich versuche die Stadt durch die Haut zu spüren, wie ich es sonst so gerne tue und die Stimmung einzufangen, die hier herrscht, doch dafür sind es zu viele, zu unterschiedliche Farben, die sich im Gemüt dieser Stadt finden. Was ich bisher aufzunehmen vemag ist ein wundervolles Kribbeln von pulsierendem Leben, Vorsicht, Achtung und sprühender Freude. Doch vermutlich gillt dies lediglich für den kleinen, palmenbewachsenen Hof des Sunflower, in dem ich sitze. Hinter der vannillegelben, stachelgespickten Mauer sind grosse, majestätische Bäume zu sehen und es drängt mich, mich mit dieser Welt zu verbinden und Kontakt aufzunehmen. Was bin ich nur für ein liebegeküsstest Kind, mich bei einer solchen Unternehmung auch noch so beschützt zu fühlen.
Ich empfinde innigste Dankbarkeit!
Rania

Mittwoch, 2. Oktober 2013

Countdown

Seit Tagen verfolgt mich dieses Augenlied-Stress-Zucken. Kennt ihr das? Ich muss mir mich dann immer mit einer Jägermütze, diese mit den Ohrenklappen, einer alten Schrotflinte ( die ich Liebling nenne) und einem Sabbertropfen vorstellen. Dieses Bild von mir verdanke ich übrigens meinem früheren Klassenlehrer, Herrn Busch, welches entstand, als die Diskussion mal wieder auf die fußballspielenden Fünftklässler zwischen den Klassenpavillionen kam. Nun, genau dieses Stresszucken ist es, dass mir seit Tagen keine Ruhe lässt, begleitet von unerbittlicher Müdigkeit, kleinen Krankheitsanzeichen und, am störendsten, einer penetranten Schusseligkeit und Tolpatschigkeit, der ich nur ausgeliefert bin, wenn mir mein Leben mal wieder über den Kopf wächst. Es passiert mir und ich stehe davor, mit großen Augen und staune, wie es rennt. Ich habe vergessen, dass ich hinterherrennen muss... vielleicht bewegt es sich wie auf einem Sportplatz und irgendwann kommt es von hinten angeschossen und nimmt mich mit.

Es sind noch 4 Tage.

Inzwischen sind, abgesehen vom Packen meines Koffers, den ich in den Keller verbannt habe, damit er nicht so strafend guckt, alle wichtigen Dinge getan. Mit meiner neuen Diabetestherapie, die ich vor einer Woche aus verschiedenen Gründen umstellen musste, komme ich nun gut zurecht, auch wenn die Werte noch recht holperig sind. Ich schreibe das dem Gefühlschaos in mir zu. Oh, obendrauf kommt noch, dass ich in den letzten Monaten ausversehen zu meinem Freund gezogen bin. Wie das geht? Naja, erst war ich so zwei Tage die Woche bei ihm, dann drei, dann fing ich an bei ihm zu arbeiten und jetzt bin ich immer nur noch kurz zu Hause um meine Katze zu knutschen, etwas vorzubereiten, etwas zu holen oder wegzubringen oder mit meinen Eltern zu sprechen. Ich habe oft Schuldgefühle deswegen. Ich weiß, dass meine Eltern sich wegen Afrika große Sorgen machen und es würde ihnen sicher leichter fallen, wenn sie mich gerade mehr um sich hätten, allerdings gewöhnen sie sich so vielleicht daran, mich nicht um sich zu haben. Die Schuldgefühle hege ich daher insbesondere gegenüber Flöckchen, meiner Katze, und meinem schändlich vernachlässigten Zimmer, dessen Optik in den letzten Wochen von meiner Höhle zu einem Umschlagsbahnhof mutiert ist. Dafür freut sich der andere Teil meiner Familie ganz besonders über meine häufige Anwesenheit. Und so sitze ich jetzt mit dieser meiner kleinen Familie, bestehend aus Jean (meinem Freund) und unseren Katern, Pi und Sigma, auf dem Sofa unseres gemeinsam renovierten Wohnzimmers und höre "Wild Life" von Fiddlers Green.

 Das es auch nur einen Teil in mir gibt, der realisiert hat, dass ich mich in fünf Tagen auf dem weg in eine andere Welt befinde, bezweifle ich stark. Ich habe noch nie annähernd Vergleichbares erlebt, alles daran ist neu. Ich werde so viel lernen müssen und mit Sicherheit so viele Fehler machen! Und ich muss sagen, ich freue mich riesig darauf, hinauszugehen und alle diese Fehler zu begehen. Vielleicht wird mir bei meiner Rückkehr ja etwas angerechnet, das man Lebenserfahrung nennt. Ob das reicht? Oder sind drei Monate in Südafrika nicht genug, um von Lebenserfahrung zu sprechen? Was muss man dafür tun? Wie alt muss man dafür werden? Ab wann wird man als erwachsener respektiert. Ich kann mir gerade nicht verkneifen meine Meinung dazu kundzutun: Ich glaube, erwachsen sein kann jedes Kind. Ich bin es, seit ich sechs bin. Vielen Erwachsenen ist das sehr unangenehm, nach meiner Beobachtung besonders denen, die besonders viel auf ihr Erwachsensein und ihre Lebenserfahrung im Bezug auf ihr Alter setzen. Die Probleme der Erwachsenenwelt sind groß, komplex, die sorgen existenziell und für ein Kind unvorstellbar. Wie erschütternd, wenn ein so junges Kind dann anfängt, die Situation tatsächlich zu verstehen und sich erdreistet, auch noch wirklich hilfreiche Dinge zu sagen. Es darf einfach nicht möglich sein, dass die großen Probleme der großen Menschen schon im Kleinsten ihr Ebenbild finden und doch ist es so. Was unterscheidet den Schüler, der vor der Versetzung zittert von dem Arbeitnehmer, der sich vor einer Kündigung ängstigt. Häufig lautet die Antwort des Arbeitnehmers: "Gar kein Vergleich! Bei mir geht es um Existenzängste, der Knirps hat alles noch vor sich! Hingegen der Arbeitsmarkt zur Zeit und trotz meiner Profession..." Ob er in diesen Momenten wohl daran denkt, dass er bereits eine Profession und eine Anstellung hat, der "Knirps" aber noch vollständig um diese Bangen muss? All die Gefühle, die sich hinter den "großen Problemen" verbergen, kennt jedes Kind. Und jedes halbwegs kluge Kind, ist in der Lage, mit etwas Empathie, diese gegeneinander abzugleichen und sich so problemlos in den Erwachsenen hineinzuversetzen. Das mag erschreckend sein, aber es ist so, ich spreche aus Erfahrung. Und so ist ein Teenager in der Lage, mehr Lebenserfahrung zu besitzen, als manch "Großer" am Ende seines Lebens. Erst recht in einer Zeit, die sich so schnell entwickelt, dass "Alter" nicht mehr die Überlegenheit im täglichen Leben durch Übung und Erfahrung bedeutet, denn das wäre der Punkt, in dem Alter und Lebenserfahrung tatsächlich zusammenhängen, sondern hauptsächlich und traurigerweise, den Verlust von einstig vielleicht sogar perfektionierten Fertigkeiten. Aus diesem Grund bin ich am "Erwachsenwerden" eher mäßig interessiert. Was ich mir erobern möchte, ist meine Kinderseele, die man vielleicht schon im ersten Eintrag herausgehört hat. Sie ist das, wofür es sich zu kämpfen lohnt, was man so leicht verliert und welches nur so schwer wiederzuerlangen ist. Sie ist der Grund, dass ich mit sprühendem Herzen und voller Freude nach Afrika fahren kann und nicht in Angst vor meinen Fehlern zergehe, sie ist der Grund, dass der Inhalt meines Ereaders hauptsächlich aus Büchern meiner Kindheit besteht, in denen ich mich zu hause fühle, sie ist der Grund, dass ich eine Stunde damit verbringe Bilder einzuscannen, die unbedingt mitmüssen, weil sie mich zum träumen und zum erblühen meiner Phantasie anregen. Und so möchte ich versuchen, den Kontakt zu ihr zu verstärken und weiß, dass es für mich nur diesen Weg gibt, mich zu finden und "ich selbst" zu sein. Denn nur mit ihr fühle ich, kann wütend sein und mich gleichzeitig über diese Wut freuen, kann neues entdecken und altes im Herzen behalten. Sie hat mich nach Afrika gebracht und verwirklicht, mit dem, was ich in den nächsten Monaten tun werde eine lang gegehgten Kindheitstraum, den ich schon im letzten Eintrag beschrieb.
Mit dieser Energie fahre ich nach Afrika.

In Liebe
Rania