Donnerstag, 10. September 2015

Survival of the fittest

Der erste Moucin singt zum Tagesanbruch, auf den umliegenden Hügeln stimmen die Esel, Hunde und Hähne mit ein. Das Tal ist noch dunkel, nur der Mond erleuchtet hell die Szenerie. Wir stehen und lauschen.
Es ist eine eher menschenfeindliche Einöde, verdorrte Diesteln, Kletten und Kakteen bevölkern die rote Erde. Die Menschen hier in den Bergen müssen sich anpassen, mit am wichtigsten dafür sind die Esel. Jede Familie hat ein bis zwei erzählt Maria, die Tochter unserer wunderbaren Gastgeberin Jane. Man reitet mit ihnen einkaufen, zur Schule und zur Arbeit, bis 100 Kilo tragen manche, was angesichts der mageren Knochen noch beeindruckender ist.
Die Ameisen hier sind eine ganz besonderes Phänomen. In großen Kolonien bevölkern die "sattelbaren" Kolosse vor allem unsere Toilette, deren Benutzung durch die drei Minuten Wanderung über das Grundstück insbesondere Nachts schon ein Abenteuer für sich darstellt.
"WHO the fuck is Ralf und warum hasst ihr ihn so?" Nun, Ralfse wie Rebekka sie liebevoll getauft hat sind all die kleinen und großen Arten von pieksigen Kletten, welche die hier überlebenden Sträucher zur Verbreitung an alles anhaften, was ihre Dornen greifen können.
Marv blickt auf ein Fliegefiech, welches sich auf unserem Essen niedergelassen hat. "Endlich etwas was uns nicht pieksen will oder Ralf ist!"
Dennoch birgt die rauhe, wilde Landschaft eine beeindruckende und bewegende Schönheit die in mir tiefe Ehrfurcht hervorruft. Es ist gut für mich, all meine Erfolge der letzten Monate hier auf die Probe zu stellen. Es kostet noch einige Mühe mich in einer komplett unbekannten Umgebung, in einer mir ganz neuen Gruppenzusammenstellung unter recht erschwerten  Wohnbedingungen an meine Grenzen und Bedürfnisse zu erinnern und die Anspannung der letzten Wochen etwas von mir abfallen zu lassen.
Darauf zu vertrauen, das unsere Wohnung während meiner Abwesenheit einen bewohnbaren Zustand annimmt, kostet mich einige Überwindung. Erst als ich mich heute auf den Rücken unsres Esels Jamaika schwinge und mich von ihren bewundernswert starken Beinen Richtung Fluss tragen lasse, gelingt es mir ein wenig.

Die riesige Spinne, welche in unserem Gemeinschaftszelt wohnt ist grade wutschnaubend in Erholungsurlaub gefahren, da wir ihr schon seit drei Nächten den schlaf klauen. Eigentlich mag sie unsere plüschigkeit, doch auch der flausch hat seine Grenzen.

Gemütlich schaukeln Jamaika und ich am Fluss entlang. Die alten knorrigen Olivenbäume malen Sonnenflecken aufs Ufer, eine briese durchstreift ihr Blätter und trägt ein wenig die Hitze fort. Das Wasser neben uns mäandert lebensspendend zwischen den Feldern hindurch Richtung Ousoudt.